Vegane und vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft
Immer mehr Menschen ernähren sich mittlerweile vegan oder vegetarisch. Während einige damit ihre Verantwortung für das Klima ausdrücken, haben andere gesundheitliche Gründe für diese Art der Ernährung. Auch Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch entscheiden sich immer häufiger für die rein pflanzliche Ernährungsweise. Doch der Verzicht auf tierische Produkte ist in der Schwangerschaft nicht immer unproblematisch. So wird die vegane Ernährung in der Schwangerschaft von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausdrücklich nicht empfohlen. Das hat den Hintergrund, dass eine Mangelversorgung mit wichtigen Nährstoffen und Schwangerschaftsvitaminen verhindert werden soll. Erfahren Sie mehr über vegane und vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft.
Darauf kommt es bei veganer und vegetarischer Ernährung an
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine rein pflanzliche Ernährung in der Schwangerschaft nicht. Die DGE statuiert, dass gegen eine gesunde, ausgewogene ovo-lakto-vegetarische Ernährung hingegen nichts spricht, weil wichtige Nährstoffe über Eier und Milchprodukte zugeführt werden. Bei der rein pflanzlichen, also veganen Ernährung sieht die DGE allerdings ein großes Risiko für einen möglichen Nährstoffmangel. Falls Sie sich bereits vegan ernähren und planen, diese Ernährungsweise in der Schwangerschaft weiterzuführen, rät die DGE auf folgendes zu achten:
- Supplementieren Sie Vitamin B12, das über die Ernährung nur aus tierischen Produkten gewonnen werden kann.
- Lassen Sie regelmäßig Ihre Blutwerte kontrollieren.
- Planen Sie Ihre Ernährung so, dass sie aus nährstoffreichen, frischen Lebensmitteln besteht.
- Machen Sie am besten Gebrauch von einer spezialisierten Ernährungsberatung, um eine optimale Nährstoffversorgung zu garantieren.
Tatsächlich ist die Studienlage zu einer veganen oder vegetarischen Ernährung in der Schwangerschaft noch relativ übersichtlich, sodass sich nur wenig gesicherte Erkenntnisse dazu finden lassen. Deshalb gehen Fachleute davon aus, dass eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft grundsätzlich möglich ist, solange sie gut geplant und reich an Nährstoffen ist.
Regelmäßige Blutuntersuchungen
Fachleute raten dazu, im ersten Trimester und etwa in der 20. oder 21. Schwangerschaftswoche die Werte für Vitamin B12 und Vitamin D bestimmen zu lassen, wenn eine vegane Ernährung praktiziert wird. Gerade Vitamin B12 kann nur aus tierischen Lebensmitteln gewonnen werden. Vitamin D ist vor allem in der Wintersaison kritisch, wenn die Haut nicht ausreichend Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist, um das Vitamin selbst zu bilden. Vitamin D3 ist in tierischen Quellen in größeren Mengen enthalten und auch einfacher aufzunehmen als Vitamin D2 aus pflanzlichen Lebensmitteln. Deshalb kann auch dieses Vitamin bei einer pflanzlichen Ernährung über die Wintermonate kritisch werden.
Auch, was den Eisen-Wert angeht, kann es sinnvoll sein zusätzlich zu den üblichen Blutuntersuchungen, die während der Schwangerschaftsvorsorge stattfinden, einen zusätzlichen Parameter des Eisenstoffwechsels überprüfen zu lassen, um zu schauen wie gut die Eisenvorräte im Körper gefüllt sind. Sie sollten Ihre gynäkologische Praxis in jedem Fall von vorneherein in Ihre Ernährungsweise einweihen, sodass der Arzt oder die Ärztin Ihre Blutwerte im Hinblick auf die Nährstoffversorgung im Auge behalten kann.
Ernährungsberatung in der Schwangerschaft
Die DGE und andere unabhängige Ernährungswissenschaftler raten dazu, bei einer veganen Ernährung bereits vor der Schwangerschaft eine Ernährungsberatung in Anspruch zu nehmen. Eine auf vegane Ernährung spezialisierte Beratung soll einer Mangelversorgung mit Nährstoffen von Anfang an vorbeugen. Führen Sie vor dem Termin bereits ein Ernährungstagebuch, kann die beratende Person direkt einen Blick auf Ihre Ernährungsgewohnheiten werfen und abschätzen, wie groß der Beratungsbedarf ist.
In der Beratung wird man außerdem Ihre Vorlieben im Hinblick auf Essen und Getränke abfragen und sich auch nach Allergien oder anderen Besonderheiten erkundigen. Im Anschluss planen Sie mit der beratenden Person gemeinsam Ihre Ernährung so, dass Sie möglichst viele Nährstoffe erhalten. Entweder erstellen Sie einen konkreten Speiseplan oder Sie erhalten Informationen über geeignete Lebensmittel sowie Rezepte und Gerichte für Schwangere.
Außerdem erhalten Sie bei Bedarf eine Dosierungsempfehlung für die notwendigen Supplemente. Allen Schwangeren wird dazu geraten, Folsäure und Jod zu supplementieren. Bei einer veganen Ernährung in der Schwangerschaft kommen Vitamin B12 und DHA (Docosahexaensäure) dazu. Lassen Sie hierfür am besten vor der Ernährungsberatung ein Blutbild machen, sodass Sie zielgerichtet Nährstoffe über Nahrungsergänzungsmittel zuführen können, wenn diese über die Ernährung nicht abgedeckt werden.
Tipp: Lassen Sie sich auch in der Schwangerschaft von einer Hebamme betreuen. Ernährungsberatungen können Hebammen in der Frühschwangerschaft mit der Krankenkasse abrechnen und so für jede Schwangere anbieten.
Vegan und schwanger: So sieht der optimale Ernährungsplan aus
Grundlage einer veganen Ernährung in der Schwangerschaft sollten immer frische, nährstoffreiche Lebensmittel und Gerichte sein, die Sie selbst zubereiten. Je weniger ein Lebensmittel verarbeitet wurde, desto nährstoffreicher ist es, da viele Vitamine und Mineralstoffe unter großer Hitze zerfallen. Außerdem enthalten frische Lebensmittel nicht nur wichtige Nährstoffe, sondern auch wertvolle Ballaststoffe, die etwa bei Verstopfung in der Frühschwangerschaft hilfreich sein können.
Alle Nährstoffe in jeder Mahlzeit gleichermaßen abzudecken, fällt den meisten Schwangeren unabhängig von der Ernährungsweise schwer. Generelle Empfehlungen lauten, dass Sie am besten immer zwei Nährstoffe oder Nährstoffgruppen miteinander kombinieren sollten, um eine optimale Versorgung zu erzielen. So kann der Körper Eisen aus pflanzlichen Quellen besser aufnehmen, wenn Sie die Eisenquelle mit einem Vitamin-C-haltigen Lebensmittel kombinieren. Zu Ihrem Hafer-Porridge am Morgen trinken Sie folglich am besten ein Glas frisch gepressten Orangensaft. Der gleichen Logik folgend sollte das Mittagessen beispielsweise protein- und ballaststoffreich sein.
Der Verband für unabhängige Gesundheitsberatung beschreibt den optimalen Speiseplan für eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft folgendermaßen:
Täglich | Nahrungsergänzungsmittel |
3 Portionen Gemüse | Folsäure (täglich) |
2 Portionen Obst | Jod (täglich) |
4 Portionen Getreide/Getreideprodukte oder Kartoffeln | Vitamin B12 (täglich) |
Vitamin B12 (täglich) | |
200 – 300 ml mit Kalzium angereicherte Pflanzendrinks | DHA (täglich) |
100 – 200 ml Sojajoghurt | |
30 – 60 g Nüsse, Nuss-Mus und Samen | |
2 – 4 EL mit DHA angereichertes, natives Öl | |
1,5 – 2,5 Liter kalziumreiches Wasser oder ungesüßte Tees |
Wichtige Nährstoffe bei veganer Ernährung in der Schwangerschaft
Die nachfolgend genannten Nährstoffe sind grundsätzlich für alle Schwangeren wichtig und kritisch. Vor allem Folsäure und Jod sollten immer, unabhängig von der gewählten Ernährungsweise, supplementiert werden, um eine gesunde Entwicklung des Babys zu garantieren. Doch bei einer rein pflanzlichen Ernährung fallen Milchprodukte, Eier, Fisch und Fleisch als Nährstofflieferanten weg. Damit müssen Schwangere, die sich vegan ernähren, auf die Zufuhr bestimmter Nährstoffe besonders Acht geben. Dazu gehören:
Vitamin B12 in der Schwangerschaft
Als einziges B-Vitamin lässt sich Vitamin B12 über die Nahrung nur aus tierischen Lebensmitteln aufnehmen. Vor allem Eier, Milch und Milchprodukte sowie Fleisch gelten als Hauptlieferanten für diesen wichtigen Nährstoff.
Vitamin B12 wird vor allem für den Aufbau und die gesunde Entwicklung von Nervenzellen gebraucht. So ist es für die Gehirnentwicklung des Babys essenziell. Besteht in der Schwangerschaft eine Unterversorgung mit Vitamin B12, kann das zu Störungen der Blutbildung und neurologischen Fehlbildungen führen. Deshalb empfiehlt die DGE Schwangeren, die sich vegan ernähren, Vitamin B12 dringend über ein Nahrungsergänzungsmittel zuzuführen. Der Referenzwert liegt seit 2018 bei etwa 4,5 Mikrogramm pro Tag. Eine Überdosierung ist kaum möglich, da Vitamin B12 wasserlöslich ist und überschüssiges Vitamin B12 entsprechend über Urin ausgeschieden wird.
Ausreichende Vitamin D Versorgung
Wir kennen Vitamin D auch als das Sonnenvitamin, weil unsere Haut dieses Vitamin selbst bilden kann – ausreichend Sonneneinstrahlung vorausgesetzt. Auf der Nordhalbkugel kann es allerdings im Winter zu einem saisonalen Mangel an Vitamin D kommen, da wir bevorzugt in langer Kleidung ins Freie gehen und generell selten die Sonne scheint.
Im Winter dagegen wird allen Erwachsenen generell empfohlen, etwa 20 Mikrogramm Vitamin D täglich zu supplementieren. Das entspricht der Dosierungsangabe von 800 I.E. auf den meisten Präparaten.
Auf den Eisen-Haushalt achten
Ein Eisenmangel während der Schwangerschaft betrifft nicht nur Veganerinnen und Vegetarierinnen, sondern kann tendenziell jede Schwangere ereilen. Durch die vermehrte Blutbildung kann der wichtige Nährstoff schnell knapp werden. Während omnivore Schwangere ihren Eisenbedarf über Fleisch und Wurstwaren decken können, sind Veganerinnen auf pflanzliche Quellen angewiesen.
Pflanzliche Lebensmittel, die viel Eisen enthalten, sind beispielsweise:
- Hirse
- Vollkorngetreide
- Hülsenfrüchte
- dunkelgrünes Gemüse
Eisen aus pflanzlichen Quellen ist für den Körper schwerer aufzunehmen als aus tierischen Quellen. Grundsätzlich erleichtern Sie es Ihrem Stoffwechsel, Eisen aufzunehmen und zu verarbeiten, wenn Sie gleichzeitig etwas Vitamin C zuführen. Kombinieren Sie pflanzliche Eisenquellen daher immer mit frischem Obst, das reich an Vitamin C ist. Auch ein Glas frisch gepresster Orangensaft hilft schon sehr.
Jod bei veganer Ernährung
Jod gehört zu den Nährstoffen, bei denen die DGE empfiehlt, sie auch über Nahrungsergänzungsmittel zuzuführen, selbst wenn die Ernährung schon ausgewogen und nährstoffreich ist. Für Veganerinnen fallen Fisch und auch Milchprodukte als Lieferanten für Jod weg, deshalb sollten Sie sich nach anderen Quellen umsehen. Hier ist besonders die Nori-Alge zu empfehlen, die oft für die Zubereitung von Sushi verwendet wird. Achten Sie allerdings darauf, dass Sie den Jodgehalt der gewählten Alge überprüfen. Dieser sollte 20 Milligramm/Kilogramm nicht übersteigen.
Kalzium aus veganen Lebensmitteln gewinnen
Viele Veganerinnen leiden durch den Verzicht auf Milch und Milchprodukte unter einem Kalziummangel. Die DGE empfiehlt eine Zufuhr von etwa 1000 mg Kalzium täglich. Für Veganerinnen bieten sich hier folgende Lebensmittel an:
- Pak Choi
- Mandeln
- Sojabohnen
- Brokkoli
- Kohl
- Feigen
Darüber hinaus bietet es sich natürlich an, zu Lebensmitteln mit zugesetztem Kalzium zu greifen. So enthalten viele Pflanzendrinks zugesetztes Kalzium, aber auch viele vegane Joghurt-Zubereitungen.
Zink bei einer veganen Ernährung
Zink gehört zu den sogenannten Spurenelementen. Bei veganer und vegetarischer Ernährung kann es unter Umständen zu einer Unterversorgung mit Zink kommen. Vegane Lebensmittel, die reich an Zink sind, sind beispielsweise Soja, viele Gemüsesorten, Nüsse und Körner. Werden diese Lebensmittel mit Sprossen oder Sauerteigbrot kombiniert, kann der Körper das Zink besser aufnehmen. Auch das Einweichen von Nüssen und Körnern kann die Aufnahme von Zink erleichtern.
Wichtig für jede Schwangere – die Omega-3-Fettsäure DHA
Omega-3-Fettsäuren sind für eine gesunde Gehirnentwicklung unerlässlich und werden auch für die Funktion der Nervenbahnen benötigt. Hierbei geht es im Detail um Eicosapentaensäure, kurz EPA, und Docosahexaensäure, kurz DHA.
Da vor allem DHA hauptsächlich in fettem Fisch enthalten ist, gehört DHA zu den Nährstoffen, an dem es vielen Frauen fehlt. Deshalb wird besonders in der Schwangerschaft dazu geraten, mindestens ein oder zwei Mal pro Woche fetthaltigen Fisch auf den Tisch zu bringen. Da dies nicht immer gelingt, empfiehlt die DGE denen, die nicht regelmäßig Fisch essen, etwa 200 mg DHA täglich zu supplementieren.
Veganerinnen können für eine ausreichende DHA-Zufuhr allerdings auch zu Algen-Supplementen greifen. Denn Fischarten, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, erhalten diese ihrerseits aus Algen. Entsprechend können Veganerinnen den „Umweg“ über den Fisch getrost vermeiden. Wichtig ist nur, dass die Algen aus schadstoffarmen Quellen kommen. Viele Algen sind stark mit Cadmium, Blei, Arsen und Aluminium belastet.
Immer wieder ist außerdem zu lesen, dass Veganerinnen DHA aus Raps- oder Leinöl gewinnen könnten, weil der Körper die Omega-3-Fettsäure aus der im Öl enthaltenen Alpha-Linolensäure selbst produzieren kann. Tatsächlich ist aber die dabei umgewandelte Menge sehr wahrscheinlich zu gering, um den tatsächlichen Bedarf zu decken.
An ausreichend Eiweiß denken
Damit auch die Muskeln optimal versorgt sind, sollten Veganerinnen zudem darauf achten, genug Eiweiß zuzuführen – an anderen Stellen oft als Protein bezeichnet. Der Eiweiß-Bedarf steigt ab dem vierten Schwangerschaftsmonat um circa 20 Prozent. Auch im dritten Trimester benötigen Schwangere noch einmal mehr Eiweiß.
Wichtige Eiweißquellen für Veganerinnen sind:
- Hülsenfrüchte
- Seitan
- Nüsse
- Getreide
- Kartoffeln
- Tofu
Dabei sollten Sie immer zwei Eiweißlieferanten in einem Gericht kombinieren.