Zu viele Regeln?

Fragen und Tipps zu deinem kleinen Liebling
Elternforum
Fineya
16. Mär 2020 10:29
Zu viele Regeln?
Hallo ihr Lieben,

heute komme ich mit einer ganz komischen Frage um die Ecke, aber...

"Kann man zu viele Regeln aufstellen?"

Die Frage schließt sich bei mir auf folgende Situation (Vorsicht, lang!)

Mein großer Sohn - wir nennen ihn hier mal liebevoll K1 - ist jetzt etwas mehr als 3 1/2 Jahre alt. Ich war jetzt knapp 3 Monate bei meinen Eltern (Einfamilienhaus - 3 Generationen Haushalt) aufgrund verschiedener Dinge (Vater verstorben, Ende der Schwangerschaft & Wunschklinik dort um die Ecke). K1 war natürlich mit dabei Mein Ehemann konnte nur alle 2 Wochen mal zum Wochenende kommen und K1 war dann ein reines Papakind. Was hier wichtig zu erwähnen ist, dass mein Mann die Regeln dann auch immer gelockert hat die seitens meiner Familie immer mehr aufgestellt worden waren. Ich hörte zunehmend nur noch "nein, dies darfst du nicht" - "Nein, das darfst du nicht" etc- Ich hatte schon oft Diskussionen geführt, dass der kleine bald gar nichts mehr darf und sie doch die Sachen weglegen sollten, an denen er partou nichts zu suchen hatte (aber er solle ja lernen dass er nicht alles haben kann). Also, mein Mann lockerte etwas die Regeln, erlaubte ihn auch mehr (was ich an sich nicht schlimm fand) und sobald das Wochenende vorbei war, hatte ich mit dem Kleinen 2 Tage zu kämpfen. Nicht wegen Ungehorsam, sondern weil Abends er immer nach Papa rief und nicht schlafen wollte.
Als dann K2 endlich kam habe ich gesagt, dass ich nur noch 2 Wochen bleibe - ich war sehr stark gerissen und das Auto fahren schmerzte mir zu sehr.
K1 zeigte keine Freude zu K2, distanzierte sich sogar. Nur wenn er dachte, dass niemand ihn beobachten würde, dann ging er zu K2, streichelte ihm sanft über den Kopf, zog die Spieluhr auf oder schaukelte ihn in der Wiege leicht. So als ob er Angst hatte, dass ihn jemand all diese Dinge verbieten würde. Da brachte es auch nichts ihn von mir aus zu mir zu holen, wenn ich K2 in den Armen hielt - er verweigerte es. Hinzu kam, dass es noch mehr "Verbote" für K1 hinzu kamen. "sei doch mal leiser, K2 schläft" oder "Du hast K2 geweckt, schäm dich" waren sehr oft gefallen und ich war nur noch mit den Nerven am Ende. Nachts jedoch, hatte ich keine Probleme zwischen den Kindern hin und her zu pendeln. K1 war zwar nachts ab und an 2 oder 3 Mal wach, aber ich deckte ihn nur zu, gab ihn einen Kuss und alles war wieder okay. Und K2 hat nachts 6 bis 7 Std am Stück geschlafen, also super =D
Am Freitag dann ist es passiert. ich habe meinen Mann von der Arbeit abholen wollen weil Samstag bei meinen Eltern noch Besuch für K2 kommen sollte. Da ich schonmal was nach Hause bringen und einkaufen wollte, nahm ich K2 mit (ich stille ihn) und ließ K1 bei meiner Mutter. Im Nachhinein erfuhr ich, dass K1 wieder Probleme mit dem Schlafen hatte und er wohl dachte, dass ich mit K2 ihn verlasse (ist halt eine Vermutung).
Am Samstag dann war die Freude groß! Papa war da! Aber ohwe, Papa hielt sich jetzt auch an die Regeln um allen Ärger aus dem Weg zu gehen. Und ich musste Abends noch mit K2 ins Krankenhaus weil er über 3 Std immer wieder schrie und wir nicht mehr wussten was los war. Ende vom Lied, K1 ist dieses Mal sogar erst um halb 1 ins Bett gegangen und das erst nach langem zureden meinerseits.
Gestern sind wir endlich heim gefahren. Wir haben uns viel mit ihm beschäftigt und dann hat mein Mann evtl den Fehler gemacht, wieder viele Regeln auf zu stellen, die vorher bei uns zu Hause noch nicht gegeben hatte. Und dann war Abends die Hölle. K1 wollte erst nicht ins Bett, dann schlief er eine Stunde. danach in 20 Minuten Takt weinte und jammerte K1. Dann schlief er 2 Stunden und dann war es richtig vorbei. Ich selbst war hundemüde, mein Mann hat ab heute Frühschicht. Ende vom Lied war, dass um halb 3 K1 endlich eingeschlafen ist und bis halb 8 geschlafen hat.
Vorher schlief er von 20 Uhr bis 6 oder 7 Uhr ohne große Probleme. Jetzt ist alles kaputt. Und ich frage mich wirklich, ob diese ganzen Regeln, diese ganzen "neins" und dieses ansschnauzen seitens meiner Großmutter den Kleinen "zerstört" haben.
Ich kann leider nicht mit K1 drüber reden. Er ist zwar fast 4 Jahre alt aber er kann nicht reden. Er scheint zwar zu verstehen, was ich möchte aber er kann eben sich nicht ausdrücken. Sein Kopf ist da - laut Ärzten - eben noch nicht so weit (dafür sieht er aber wie ein 6 jähriger aus).

Was meint ihr? Sollten mein Mann und ich die Regeln reduzieren und erstmal nur aufs wichtige zurück greifen und wenn alles wieder normal ist, wichtige stück für stück wieder hinzu fügen?

Ich danke euch vielmals für Eure Hilfe <3
Traumwaechter
17. Mär 2020 17:27
Re: Zu viele Regeln?
Hallo fineya,

Ich vermute, dass euer Problem nicht auf der Frage nach zu vielen Regeln basiert sondern viel mehr auf einem derzeitigen Regel-wirrwarr, mit dem K1 überfordert ist. Ich versuche mal, eure Regelsituation der letzten Zeit darzustellen, so, wie ich es verstanden habe.

Beginnen wir mit den verschiedenen "häuslichen Situationen":
H1 = bei euch zu Hause mit Mamas Papa, K1
H2 = bei deinen Eltern ohne Papa, (noch) ohne K2
H3 = bei deinen Eltern mit Papa, (noch) ohne K2
H4 = bei deinen Eltern, ohne Papa aber mit K2
H5 = bei deinen Eltern, mit Papa und mit K2
H6 = bei euch zusammen, jetzt zu viert.

Jede dieser H1-H6 hatte nun einen eigenen Regelsatz "R1" bis "R6". - eigentlich sogar mehr, weil "H5" den Regelsatz "R5a" und "R5b" hat. Insbesondere "H2/R2" bis "H5/R5" spielen immer am selben Ort mit nahezu demselben Personensatz. Ziemlich viel für ein kleines Kind, oder?

Beispiel R2 vs. R3: wenn Papa da ist, darf ich im Hausflur Ball spielen, wenn Papa wieder weg ist, nicht mehr (nur ein x-beliebigen Beispiel! Muss nicht einer Regel von euch entsprechen) - das wäre noch recht einfach zu verstehen, aber jetzt spinnen wir weiter: wenn ich mit Papa im Hausflur Ball spiele, weil Papa das erlaubt hat, dann kommt aber Oma und schimpft. Was stimmt denn nun?

Ich habe versucht, meinen Gedankengang mit dem Beispiel zu verdeutlichen: es geht nicht um die Anzahl der Regeln sondern um die Konsequenz dahinter. Du kannst 100 Regeln haben - wenn du sie alle konsequent durchziehst, wir ein Kind keine groben Probleme damit haben. Im Gegenzug kannst du auch nur fünf Regeln haben, wenn du hier "mal Hü und mal Hott" machst, wird dein Kind überfordert seins weil es nicht weiß, was gilt.

Ich vermute, dass K1 derzeit einfach massiv verunsichert ist, was denn nun gilt und was nicht. Zudem kommt, dass irgendjemand (du schreibst nicht, von wem die "schäm dich" Aussagen kamen) ihm schuldgefühle eingeredet hat. "Du bist Schuld, dass...". Ja mag sein, dass K1 das schlafende K2 aufgeweckt hat. Ja und? Das ist doch ganz normal, passiert selbst meinem erwachsenen Mann immer wieder, dass er unser Baby aufweckt. Da kann man sagen: "schau, jetzt ist K2 aufgeweckt, weil es sich erschrocken hat, das ist nicht schlimm, aber jetzt muss ich erstmal K2 beruhigen. Wenn du das nächste Mal ein bisschen aufpasst, können wir ohne Unterbrechung miteinander spielen/kuscheln/Buch lesen".

Diese Schuldzuweisungen könnten auch der Grund sein, warum er nur "heimlich" zu K2 geht. Denn dann gibt ihm keiner Schuld an etwas und er muss auch nicht verunsichert sein, nach welchem Regelsatz er sich gerade richten muss.

Ich würde wie folgt vorgehen:
Wenn der Regelsatz "R1" nach wie vor Gültigkeit hat, würde ich ihn so bestehen lassen und hier nicht extra abspecken und dann wieder aufbauen (sonst kommen hier noch mehr Rs auf ein H!). Zusätzlich wird es verständlicherweise ein paar neue Regeln bezüglich K2 geben. Im besten Fall sollte also R6 = R1 + ein bisschen was neues sein. R6 muss dann aber von euch beiden eingehalten werden. Das gibt K1 einen sicheren Rahmen, in dem er sich wieder auskennt.

Bezüglich K1+K2: lass K1 ein bisschen Zeit und bezieh ihn wie selbstverständlich mit ein. Lass ihn kleine Aufgaben übernehmen. Z.B. "K1, kannst du mir bitte den Schnuller von K2 bringen?" - ohne muss und ohne radel, aber mit bitte, danke und z.b. einem bussi als Belohnung, falls K1 das mag. Nachdem er nicht prinzipiell gegen K2 ist, muss er nunmehr nur lernen/begreifen, dass ihr ihm den Umgang nicht verbietet, sondern liebevoll hinter ihm steht und ihm zeigt, wie er Dinge richtig machen kann.

Für die Zukunft ist wichtig, dass klare Regeln herrschen. Die müssen nicht an jedem Ort gleich sein. Wir handhaben es so, dass der Hausherr die Hausregeln aufstellt. Also bei uns zu Hause stellen wir die Regeln auf und auch die Großeltern müssen sich an diese unsere Regeln halten, wenn sie da sind. Bei den Großeltern stellen diese die Regeln auf und wir halten uns daran. Darüber hinaus gibt es bei uns ein paar "globale Regeln" - diese betreffen vorwiegend Sicherheitsfragen wie: "Auto gefahren wird nur angeschnallt mit Kindersitz" (Ja über sowas musste ich schon diskutieren) oder "(lauf)Rad wird nur mit Helm gefahren". Da können andere Regeln aufstellen, wie sie wollen, die Hebel ich aus, weil es hier um Sicherheit und Gesundheit meiner Kinder geht. Alles andere, z.b. stehpinkeln vs sitzpinkeln ist Sache des Hausherrn, das festzulegen.


Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Inputs liefern und bei dir normalisiert sich schnell alles :-)

(Hoffentlich hab ich die ganzen Abkürzungen nicht zu viel Durcheinandergeworfen)
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