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Pionier des biologischen Landbaus

Die Tagespost Nr. 43; 1. April 2000

Der Tag beginnt für den Unternehmer Dr. Claus Hipp in Herrenrast, einer Wallfahrtskirche unweit von Ilmmünster bei Pfaffenhofen, zu deren Wiederaufbau er selbst Anstoß gegeben hat. Steigt man die Stufen zu dem von alten Linden und Eichen umgebenen barocken Kirchenbau empor, so weitet sich der Blick über das Tal der Ilm bis zu den Türmen der spätromantischen Stiftskirche von Ilmmünster.

Unternehmerischer und ökologischer Weitblick kennzeichnen bis heute das Denken und Handeln von Dr. Claus Hipp und des von ihm geleiteten Familienunternehmens für Baby- und Kindernahrung. Was auf dem familieneigenen Ehrensberger Hof bei Pfaffenhofen begann, war die konsequent Umsetzung einer Vision: „Schon immer war ich überzeugt, dass in der Gesellschaft eines Tages ein ökologisches Umdenken stattfinden würde“ , erläutert Hipp sein Engagement für die biologische Herstellung von Babynahrung.

Verantwortung und Tradition

Er berichtet aber auch von der mühevollen Überzeugungsarbeit bei den Landwirten und der Agrarwirtschaft, die es für den biologischen Landbau zu leisten galt. Als viele Jahre später in Deutschland die Bio-Welle und die alternative Ökologiebewegung ihren Höhepunkt erreichten, waren die mit diffusen politischen und ideologischen Zielen durchgesetzten ökologischen Leitlinien in den ernährungs-wissenschaftlichen High-Tech-Labors in Pfaffenhofen und in den bunten Gläschen mit dem knackenden Verschluss längst zur Realität geworden.

Aus der eigenen Familientradition und der Erziehung „als Thronfolger“ durch den Vater leitet Dr. Claus Hipp, der seit 37 Jahren im Unternehmen tätig ist, die eigene unternehmerische Verantwortung ab. Neben der schulischen Ausbildung in Scheyern und München, neben dem Jurastudium und einer künstlerischen Ausbildung an der Münchner Kunstschule, neben zahlreichen sportlichen Aktivitäten und der bis heute andauernden Liebe zur Musik wuchs Dr. Claus Hipp stetig in die Dirgentenrolle des väterlichen Unternehmens hinein. Im Alter von dreißig Jahren übernahm der inzwischen promovierte Jurist die Geschäftsleitung. Seither steht er mit seinem Namen nicht nur für eine strikt ökologisch ausgerichtete und an hohen Qualitätsstandards orientierte Herstellung von Babynahrung, sondern auch für eigene Wege in der Unternehmensführung.

Christliche Verantwortung als Unternehmensethik

Im Gespräch verweist Dr. Claus Hipp auf das Unternehmensleitbild, das zunächst die „christliche Verantwortung“ als Grundlage allen unternehmerischen Handelns in den Mittelpunkt stellt. Für ihn und seine Mitarbeiter bedeutet jedoch eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmensethik, sich einem betriebsinternen permanenten Diskussionsprozess zu stellen, der auf ein „allseitiges, aktives und kreatives Mitwirken“ abzielt.

Als erstes Ergebnis dieser durchaus bemerkenswerten theoretischen Reflexionen hat man bei Hipp im vergangenen Jahr eine „Ethik-Management-Konzeption“ entwickelt, die sich aus einer „Ethik-Charta“ und einem „Ethik-Management-Programm“ zusammensetzt. Die „Ethik-Charta“ formuliert Leitlinien, die das Verhalten des Unternehmens am Markt und gegenüber den Mitarbeitern, aber auch das Verhalten der Mitarbeiter untereinander und gegenüber Staat, Gesellschaft und Umwelt regeln sollen. Wiederum hebt Dr. Claus Hipp mit dem Blick auf das im Unternehmen selbst entwickelte Regelwerk und seine internen Kommunikationsstrukturen die weitreichenden Perspektiven hervor, die alle Bereiche des Unternehmens einen Schritt nach vorne bringen sollen.

„Wir reden sehr frei“, beschreibt Hipp den großen Anteil an betriebsinterner Besprechungskultur, die jedoch nicht zum Selbstzweck werden dürfe. Wenn man davon ausgehe, daß ein nicht unbedeutender Prozentsatz der geistigen Kapazität aller Mitarbeiter in zwischenmenschlichen Konflikten aufgebraucht werde, so Hipp, komme einer intensiven Mitarbeitermotivation und –information langfristig eine wichtige Rolle zu.

Humanistische Bildung

„Ich muß von Leueten umgeben sein, die mehr wissen als ich“, beschreibt Hipp seine eigene Position im Unternehmen, die ihn zunächst in die Rolle des Zuhöreres versetzt. Man müsse fragen können und kompetente Antworten bekommen, um sich selbst eine Meinung zu bilden. Daß sich bei ihm während dieses Diskussionsprozesse auch Ungeduld einstellen kann, gibt er gerne zu. Und er macht –wiederum mit einem Bild aus der Musik- unmißverständlich klar, wer in vielstimmigen Chor der Meinungen die Einsätze gibt und für Entscheidungen verantwortlich ist. Entgegen allen Forderungen des Zeitgeists hält er an einem hierarchischen Führungsstil und an der Kontrolle von oben fest.

Für die Auswahl und Entwicklung von Führungskräften setzt die „Ethik-Charta“ unter anderem auf Qualitäten wie Fürsorge für die Mitarbeiter, Gerechtigkeitssinn, oder Einfühlvermögen, damit sich, wie es Dr. Claus Hipp drastisch formuliert, hochspezialisierte Mitarbeiter nicht gegenseitig blockieren. Gegenüber den Forderungen der Wirtschaft sind es für ihn jedoch die Ideale humanistischer Bildung, daneben auch die musische Fähigkeit des Menschen, die im Gegensatz zu den aktuellen bildungspolitischen Entscheidungen das Potential für berufliche Kreativität bereithalten.

Sein optimistischer Denkansatz fordert radikal das Einschlagen neuer Wege, um den derzeit beklagten Mangel an fachlich qualifizierten Arbeitskräften zu beheben. Die frage nach der derzeitigen Diskusssion um eine weitreichende Lockerung der Arbeitsmöglichkeiten ausländischer Fachkräfte beantwortet Dr. Claus Hipp mit dem Verweis auf die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik in den sechziger Jahren, als man weitaus großzügiger mit diesen Fragen umgegangen sei. Eine Liberalisierung der gesetzlichen Bestimmungen nach amerikanischen Vorbild, sei deshalb unerläßlich.

Blick in die Zukunft

Dr. Claus Hipp hält eine Reform des deutschen Bildungswesen zur Unterstützung der Wirtschaft für notwendig und überfällig. Als Präsident der Industrie und Handelskammer München, die ihn 1998 an die Spitze gewählt hat, kennt er die aktuellen Daten zur Arbeitslosigkeit. Er verweist auf das derzeitige Überangebot an Lehrstellen in Bayern, fordert aber mehr Flexibilität und Mobilität von den Arbeitnehmern, die- nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten –auch andere Tätigkeiten annehmen müßten. Aus der unternehmerischen Perspektive, so fügt er hinzu, könnten langfristig nur Innovationen, wirtschaftliches Wachstum und Rationalisierungs- prozesse eine deutliche Senkung der Arbeitslosenzahlen bewirken, wozu der Staat die nötigen Rahmenbedingungen schaffen müsse.